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Eigenbedarfskündigung

Unterbringung eines Au Pair in nahegelegener Wohnung

Das AG München hat in seinem Urteil vom 12.01.2021 (Aktenzeichen 473 C 11647/20) einen Grund zur Eigenbedarfskündigung eines Vermieters angenommen, wenn dieser ein Au Pair in seiner vermieteten Wohnung unterbringen möchte, die nur knapp 700 m von seinem Haushalt entfernt liege. Der Vermieter hatte nach einer Eigenbedarfskündigung auf Räumung geklagt.
Der Kläger und seine berufstätige Ehefrau wohnen mit ihren 3 schulpflichtigen Kindern in einer Eigentumswohnung mit einem Elternschlafzimmer, 3 Kinderzimmern, einem Wohn- und Essbereich mit offener Küche sowie Bad und Büro. Der Kläger trug vor, es gebe daher keine Möglichkeit zur Unterbringung eines Au Pair in seinem Haushalt.
Die Mieterin war der Auffassung, das Au Pair könne in einer anderen Wohnung untergebracht werden, die in vergleichbarer Distanz angemietet werden könne. Außerdem sei sie zu 60 % schwerbehindert und beziehe Hartz IV, so dass sie auf dem freien Wohnungsmarkt chancenlos sei, zumal sie sich bereits vergeblich um Ersatzwohnraum bemüht habe.
Das AG München sah in der Absicht der Unterbringung eines Au Pair zur Kinderbetreuung einen vernünftigen und nachvollziehbaren Wunsch des Klägers. Der Kläger hatte das Gericht davon überzeugt, dass nur mit Hilfe des Au Pair die Kinderbetreuung sichergestellt sei und seine Ehefrau weiter berufstätig sein könne.
Das Gericht hatte eine Missbrauchskontrolle vorzunehmen, in deren Rahmen vom Gericht zu prüfen war, ob der Nutzungswunsch in einem auffälligen Missverhältnis zum verfügbaren Wohnraum stehe, so dass sich der Verdacht aufdränge, der Vermieter täusche den Kündigungsgrund lediglich vor. Ansonsten sei die Raumaufteilung innerhalb der eigenen Wohnung allein Sache des Vermieters. Daher konnte die Mieterin auch nicht mit ihrem Einwand durchdringen, dass das jüngste Kind mit einem Jahr kein eigenes Zimmer benötige.
Außerdem war das Amtsgericht der Auffassung, dass nicht grundsätzlich verlangt werden könne, dass ein Au Pair stets im gleichen Haushalt wie die Gastfamilie aufgenommen werde, weil dadurch kinderreiche und räumlich beengt lebende Familien schlechter gestellt werden würden, insb. weil dadurch die Berufstätigkeit beider Elternteile erschwert bzw. verhindert werden könnte.
Die Schwerbehinderung der Mieterin war für das Amtsgericht kein Hindernis, da keine konkreten Zusammenhänge dargestellt worden seien. Der Mieterin wurde jedoch eine weitere Räumungsfrist gewährt, weil sie den Kündigungsgrund nicht zu verantworten habe und Ersatzwohnraum wegen Corona-Pandemie und aktuellem Lock-Down erheblich schwerer zu finden sei.


Rechtsanwalt Lutz Klaas
Fachanwalt für Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht
Fachanwalt für Familienrecht