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BGH: Geringere Hürden bei Einbenennung eines Kindes

Der BGH hat seine bisherige Rechtsprechung teilweise geändert und die Voraussetzungen zur Einbenennung eines Kindes in die neue Stieffamilie herabgesetzt.
Ein minderjähriges Kind, das im Haushalt seines sorgeberechtigten Elternteils und dessen neuen Ehegatten aufgenommen worden ist, kann den Familiennamen der neuen Ehe des Elternteils erhalten (sog. Einbenennung gem. § 1618 BGB).
Voraussetzung ist neben der Einwilligung des Kindes, wenn dieses fünf Jahre oder älter ist, die Einwilligung des anderen Elternteils, wenn gemeinsames Sorgerecht besteht oder das Kind dessen Namen führt.
Stimmt dieser Elternteil der Einbenennung nicht zu, kann das Familiengericht dessen Einwilligung ersetzen, wenn die Einbenennung zum Wohl des Kindes erforderlich ist.
Bislang hatte die Rechtsprechung insoweit eine Gefährdung des Kindeswohls als erforderlich angesehen.
Mit seinem Urteil vom 25.01.2023 (XII ZB 29/20) hat der BGH diese Anforderungen nun eingeschränkt. Für eine Ersetzung der Einwilligung muss das Kindeswohl nun nicht mehr gefährdet sein.
Gleichwohl ist eine Einbenennung weiterhin nur dann für das Kindeswohl erforderlich, wenn gewichtige, über die mit der Einbeziehung des Kindes in die Stieffamilie verbundene typische Interessenlage hinausgehende Gründe hierfür vorliegen.
Danach setzt die Erforderlichkeit der Einbenennung eine außerordentliche, durch die Namensdifferenz ausgelöste Belastung des Kindes voraus. Somit ist eine Einbenennung nur dann erforderlich, wenn anderenfalls schwerwiegende Nachteile für das Kind zu befürchten wären oder die Einbenennung zumindest einen so erheblichen Vorteil für das Kind darstellen würde, dass ein sich verständig um sein Kind sorgender Elternteil auf der Erhaltung des Namensbandes nicht bestehen würde.
Eine lediglich wünschenswerte oder dem Kindeswohl dienliche Namensänderung bleibt folglich weiterhin ungenügend. Es reicht demnach nicht aus, wenn die Gründe für eine Einbenennung die dagegensprechenden Gründe lediglich überwiegen.
Die typischerweise mit einer Einbeziehung des Kindes in die Stieffamilie verbundenen Interessen genügen daher für sich genommen noch nicht, um die Erforderlichkeit der Einbenennung für das Kindeswohl zu begründen. Dazu zählen u.a. das Bedürfnis nach einer namensmäßigen Integration in die Stieffamilie wie auch die erwünschte Namensübereinstimmung mit hinzugetretenen (Halb-) Geschwistern oder ein etwa in der Schule bestehender Erklärungsbedarf für die Namensverschiedenheit zum nicht namensgebenden Elternteil und zu Geschwistern.
Außerdem ist nach Ansicht des BGH stets zu prüfen, ob eine additive Einbenennung (also die Voranstellung oder Anfügung des neuen Namens an den bestehenden Namen) als mildere Maßnahme ausreicht, um die berechtigten Interessen des Kindes zu wahren.