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Auswirkungen der Corona-Krise auf das Baugewerbe

 

Wie in vielen anderen Wirtschaftsbereichen wird die Corona-Krise erhebliche Auswirkungen auf den Alltag des Baugewerbes haben. In Betracht kommt beispielsweise, dass der Betrieb eines Auftragnehmers aufgrund eines Coronafalles zumindest vorübergehend geschlossen werden muss oder die Bauarbeiten in einem öffentlichen Gebäude aufgrund dessen Schließung nicht fortgeführt werden können. In allen Konstellationen kommt es zunächst darauf an, ob die Parteien des Bauvertrages Regelungen getroffen haben, welche auf diese Situation anwendbar sind. Hier lohnt sich ein genauer Blick in die Vertragsunterlagen bzw. etwaig vereinbarte allgemeine Geschäftsbedingungen. Wurden beispielsweise die VOB/B durch eine entsprechende Regelung in den Bauertrag einbezogen, könnte insbesondere die Regelung des § 6 VOB/B Anwendung finden, wonach sich Ausführungsfristen verlängern, soweit die Behinderung durch höhere Gewalt oder andere für den Auftragnehmer unabwendbare Umstände verursacht ist. Es spricht zumindest viel dafür, dass die derzeitige Corona-Pandemie als „höhere Gewalt“ einzustufen ist. Beachtlich sind allerdings auch die weiteren Regelungen des § 6 VOB/B. So hat der Auftragnehmer alles zu tun, was ihm billigerweise zugemutet werden kann, um die Weiterführung der Arbeiten zu ermöglichen. Sobald die hindernden Umstände wegfallen, hat er ohne weiteres und unverzüglich die Arbeiten wieder aufzunehmen und den Auftraggeber davon zu benachrichtigen. § 6 VOB/B beinhaltet zudem weitere Regelungen u.a. für den Fall einer längeren Unterbrechung, insbesondere die Möglichkeit einer vorzeitigen Abrechnung der Leistungen sowie die Möglichkeit der Kündigung für den Fall, dass die Unterbrechung länger als 3 Monate andauert. Sollten keine vertraglichen Regelungen greifen, gelten die gesetzlichen Regelungen. So dürfte die Schließung eines Gebäudes, in dem Bauarbeiten auszuführen sind, eine zumindest vorübergehende Unmöglichkeit der Leistung gem. § 275 BGB aufgrund unmittelbarer höherer Gewalt begründen, wodurch gleichzeitig der Anspruch auf die Gegenleistung ausgeschlossen wäre. Der Vertrag selbst bleibt grundsätzlich bestehen. Sofern sich im Falle höherer Gewalt der Auftraggeber mit der ihm angebotenen Leistung verschuldensunabhängig im Annahmeverzug befindet, wirkt sich dies auf die Gefahrtragung für den Fall eines zufälligen Untergangs des Werkes aus. Das BGB regelt zudem in § 313 den Fall der Störung der Geschäftsgrundlage. In diesem Fall kann die Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Bezogen auf Bauverträge kommt in diesem Fall beispielsweise eine Anpassung der Fertigstellungstermine oder als „ultima ratio“ die Aufhebung des Vertrages in Betracht. Da § 313 BGB nur unter ganz engen Voraussetzungen in Betracht, verbietet sich eine pauschale Anwendung dieser Regelung auf baurechtliche Konstellationen im Zusammenhang mit dem Coronavirus. Es ist immer der Einzelfall zu betrachten und sollten die vertraglichen Verpflichtungen wenn irgend möglich erfüllt werden! In jedem Fall sollten die Parteien eines Bauvertrages eine Unterbrechung der Bauarbeiten aufgrund der Corona-Pandemie schon aufgrund des baurechtlichen Rücksichtnahmegebotes dem Vertragspartner möglichst frühzeitig (und aus Beweisgründen schriftlich) anzeigen. Zudem sollte auf eine möglichst genaue Dokumentation der Ereignisse geachtet werden, damit im Nachhinein einem Verschuldensvorwurf qualifiziert begegnet werden kann. Für weitere Fragen zu diesem Thema stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.