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Arzthaftung / Schmerzensgeld

BGH v. 19.07.2017: Patient hat Anspruch auf Schmerzensgeld, wenn eine OP entgegen der vorherigen, ausdrüklichen Vereinbarung nicht durch den Chefarzt sondern durch einen Oberarzt durchgeführt wird.

Nach dem Urteil der karlsruher Richter hat eine Klinik sich bei der Durchführung einer OP an eine zuvor mit dem Patienten getroffene konkrete Absprache bzgl. des operierenden Arztes zu halten. Denn die Einwilligung des Patienten in die mit der OP verbundenen Körperverletzung umfasst eben nur den Eingriff durch den konkret zuvor benannten Arzt.

 

Aus der Urteilsbegründung:

 

"(...)Erklärt der Patientin Ausübung seines Selbstbestimmungsrechts, er wolle sich nur von einem bestimmten Arzt operieren lassen, darf ein anderer Arzt den Eingriff nicht vornehmen. Ist ein Eingriff durch einen bestimmten Arzt, regelmäßig den Chefarzt, vereinbart oder konkret zugesagt, muss der Patient rechtzeitig aufgeklärt werden, wenn ein anderer Arzt an seine Stelle treten soll (Senat, Urteil vom 11.Mai 2010 - VI ZR 252/08, NJW 2010, 2580 Rn. 6). Fehlt die wirksame Einwilligung in die Vornahme des Eingriffs, ist der in der ärztlichen Heilbehandlung liegende Eingriff in die körperliche Integrität rechtswidrig (Senat, Urteil vom 14. Februar 1989 - VI ZR 65/88, BGHZ 106, 391, 398)."

Der BGH erteilt darüber hinaus dem Einwand des beklagten Klinikums eine Absage, dass eine Haftung ausscheide, da die OP auch bei Durchführung durch den Chefarzt nicht anders verlaufen wäre. Insoweit führ der BGH wörtlich aus:

 

"(...) Der Patient schließt einen solchen Vertrag im Vertrauen auf die besonderen Erfahrungen und die herausgehobene medizinische Kompetenz des von ihm ausgewählten Arztes, die er sich in Sorge um seine Gesundheit gegen Entrichtung eines zusätzlichen Honorars für die Heilbehandlung sichern will. Demzufolge muss der Wahlarzt die seine Disziplin prägende Kernleistung persönlich und eigenhändig erbringen (Senat, Urteil vom 11. Mai 2010 - VI ZR 252/08, NJW 2010, 2580 Rn. 7). Insbesondere muss der als Wahlarzt verpflichtete Chirurg die geschuldete Operation grundsätzlich selbst durchführen, sofern er mit dem Patienten nicht eine Ausführung seiner Kernleistung durch einen Stellvertreter wirksam vereinbart hat (vgl. zu den an eine solche Vereinbarung anzulegenden Maßstäben BGH, Urteil vom 20. Dezember 2007 - III ZR 144/07, BGHZ 175, 76 Rn. 7 ff.). Vor diesem Hintergrund ist im Streitfall zudem das Vertrauen des Klägers, das dieser in die mit der Beklagten zu 3 (= Klinik) geschlossene Wahlleistungsvereinbarung und damit auch in die besonderen Erfahrungen und die herausgehobene medizinische Kompetenz des Beklagten zu 1 (= Chefarzt) gesetzt hat, enttäuscht worden."

 

BGH vom 19.07.2017 - AZ: VI ZR 75/15