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Verischerungsrecht / Krankenkasse 

SozG Osnabrück 02.11.2012 - Kostenübernahme einer Implantatversorgung bei der generalisierten genetischen Nichtanlage von Zähnen durch Krankenkasse.

Das Sozialgericht Osnabrück hat am 02.11.2012 (Aktenzeichen S 13 KR 10/12) entschieden, dass eine Krankenkasse zur Kostenübernahme einer Implantatversorgung bei der generalisierten genetischen Nichtanlage von Zähnen verpflichtet ist.

Mit dieser Entscheidung konnte einer Patientin geholfen werden, deren Krankenkasse zunächst die Implantatversorgung abgelehnt hatte. In den Entscheidungsgründen heißt es:

Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Kran-kenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II zahnärztliche Behandlung. Zur zahnärztlichen Behandlung gehören nicht implantologische Leistungen, es sei denn, es liegen seltene vom Gemeinsamen Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 festzulegende Ausnahmeindikationen für besonders schwere Fälle vor, in denen die Krankenkasse diese Leistung einschließlich der Suprakonstruktion als Sachleistung im Rahmen einer medizinischen Gesamtbehandlung erbringt, § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V.

Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in den Richtlinien für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung (Behandlungs-Richtlinien) vom 4. Juni/24. September 2003 im Abschnitt B VII Ausnahmeindikationen für implantologische Leistungen normiert.

Nach der Nr. 2 liegen Ausnahmeindikationen für Implantate und Supra-konstruktionen im Sinne des § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V unter anderem bei generalisierter genetischer Nichtanlage von Zähnen vor. Bei Vorliegen einer Ausnahmeindikation besteht ein Anspruch auf Implantate zur Abstüt-zung von Zahnersatz als Sachleistung nur dann, wenn eine konventionelle prothetische Versorgung ohne Implantate nicht möglich ist. In den Fällen der generalisierten genetischen Nichtanlage von Zähnen gilt dies nur dann, wenn das rekonstruierte Prothesenlager durch einen schleimhautgelagerten Zahnersatz nicht belastbar ist.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 13. Juli 2004, B 1 KR 37/02) kommt es bei der generalisierten genetischen Nicht-anlage von Zähnen darauf an, ob dem Versicherten (noch) mehrheitlich bleibende Zähne gewachsen und somit teilweise – wenn auch unter Einschränkung – die Kauffunktion bzw. die Möglichkeit zur Zerkleinerung fester Nahrung erhalten ist.

Ausgehend hiervon fehlen zwar im Oberkiefer der Klägerin nicht 9 Zähne. Aber der Zahn 12 ist als sogenannter Zapfenzahn ausgebildet und fällt somit in seiner Funktion als Schneidezahn zumindest weit überwiegend aus. Unter Berücksichtigung der 8 fehlenden Zähne und des einen fehlgebildeten Zahnes ist die Kaufunktion bzw. die Möglichkeit zur Zerkleinerung fester Nahrung im Falle der Klägerin nicht sichergestellt.

Eine konventionelle prothetische Versorgung ohne Implantate ist nicht möglich. Dies folgt aus dem vorliegenden Gutachten des MDK, wonach eine konventionelle prothetische Versorgung nicht zumutbar und verantwortbar ist.

Dieses Urteil ist rechtskräftig.
SozG Osnabrück v. 02.11.2012 - AZ: S 13 KR 10/12
 
Sollten Sie Fragen zu diesem Urteil haben, steht Ihnen Frau Rechtsanwältin Gabriele Joachimmeyer gern zur Verfügung.
 
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