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Arzthaftung / Mandel-Entfernung

Die Arzthaftungskammer des Landgerichts Osnabrück hat sich in zwei Verfahren mit den schwerwiegenden Folgen von Mandeloperationen beschäftigen müssen.

In dem Rechtsstreit zum Aktenzeichen 2 O 3/09 verklagte ein Ehepaar aus dem Südkreis Osnabrück einen Hals-, Nasen- und Ohrenarzt, weil ihre Tochter eine Woche nach einer Mandeloperation verstorben war. Das 6 Jahre alte Kind litt unter Asthma bronchiale, Allergien und Mandelentzündungen. Im Sommer 2006 wurden ihr daher vom Beklagten in einem Krankenhaus die Rachen- und Gaumenmandeln entfernt. Vier Tage nach der Operation wurde die Patientin, der zuvor Antibiotikum und Schmerzmittel verordnet worden waren, entlassen. Als die Eltern ihr zwei Tage nach der Entlassung das Schmerzmittel verabreichten, verschluckte sich ihre Tochter und hustete. Weil sie auch Blut spuckte, riefen die Eltern sofort den Notarzt, der leider dem Kind nicht mehr helfen konnte. Es war an der Bluteinatmung erstickt.

In dem zweiten Verfahren, Aktenzeichen 2 O 1471/09, hatte der inzwischen 53-jährige Kläger aus Hasbergen einen HNO-Arzt auf Schmerzensgeld in Höhe von 350.000,- € verklagt. Ende 2006 wurden dem Kläger, der unter Mandelentzündungen und Schnarchstörungen litt, in einer Belegklinik im Landkreis Osnabrück die Gaumenmandeln entfernt (sog. Tonsillektomie). Nach der Operation erlitt der Kläger einen Hustenreiz, der eine massive spritzende Nachblutung verursachte. Daraufhin wurde der Kläger erneut intubiert und per Notarztwagen in ein städtisches Krankenhaus überführt, welches über eine umfassendere Versorgungsmöglichkeit verfügt. Auf der Intensivstation kam es dann zu einem Lungen- und Nierenversagen. Seitdem ist der Kläger dauerhaft schwerstbehindert und gelähmt.

Nach Einholung von HNO-Sachverständigengutachten ist die Arzthaftungskammer in beiden Fällen zu der Überzeugung gelangt, dass entgegen den klägerischen Behauptungen die operative Mandelentfernung erforderlich gewesen ist. Die Operationen sind auch ordnungsgemäß durchgeführt worden. Auch das Krankenhaus hat den erforderlichen fachärztlichen Standard gewährleistet. Es ist in dem ersten Rechtsstreit auch nicht fehlerhaft gewesen, das Kind schon am 4. Tag nach der Operation zu entlassen. Der Gesundheitszustand ist nämlich unauffällig gewesen und entsprach einem normalen Handlungsverlauf. Zudem ist nicht feststellbar gewesen, dass das Kind in einem Krankenhaus höhere Überlebenschancen gehabt hätte.

Die Nachblutungen mit den schwerwiegenden Folgen sind leider äußerst schicksalhaft. Dieser Verlauf stellt aber eine typische Komplikation bei einer Mandeloperation und keinen ärztlichen Behandlungsfehler dar. Auf dieses Risiko waren beide Kläger vor der Operation auch hingewiesen worden.


Beide Entscheidungen der Arzthaftungskammer sind rechtskräftig. Gegen das Urteil vom 22.09.2010 in dem ersten Rechtsstreit (Az. 2 O 3/09) ist keine Berufung eingelegt worden. In dem zweiten Verfahren (Az. 2 O 1471/09) hat das Oberlandesgericht Oldenburg mit Beschluss vom 17.5.2011 (Az. 5 U 2/11) die Berufung des Klägers gegen das Urteil vom 01.12.2010 zurückgewiesen.
Quelle: Pressemitteilung des LG Osnabrück vom 30.08.2011
 
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